Erworbene Sprechapraxie

Beschreibung

Die Sprechapraxie bei Erwachsenen entsteht durch eine Schädigung der linken  Gehirnhälfte, welche nach einem Schlaganfall (Apoplex), Hirntumoren, Schädel-Hirn-Traumata oder entzündlichen Hirnprozessen auftreten kann. Durch die Schädigung der linken Gehirnhälfte – in welcher bei den meisten RechtshänderInnen auch die Sprachareale liegen – geht die Sprechapraxie häufig mit einer Sprachstörung (Aphasie —> Link) einher. PatientInnen mit einer Sprechapraxie haben Probleme mit der willkürlichen Ausführung von sprechmotorischen Bewegungen. Obwohl sich die Symptome ähneln, ist die Sprechapraxie von der Dysarthrie abzugrenzen.

Symptome

Die Symptome einer Sprechapraxie treten hauptsächlich in drei Bereichen des Sprechens auf: Artikulation, Prosodie und Sprechverhalten.

Im Bereich der Artikulation werden Laute verändert gebildet, teilweise so stark, dass sie nur schwer erkannt und verstanden werden können. Ein Beispiel hierfür wären die Dehnung oder übermäßige Behauchung von Lauten oder eine Veränderung des Artikulationsortes (weiter hinten oder weiter vorne im Mund gebildet).

Die prosodischen Symptome bei der Sprechapraxie äußern sich vor allem in Auffälligkeiten im Bereich des Redeflusses und der Akzentuierung. Sprechapraktische Personen sprechen meist deutlich verlangsamt und ihr Sprechen klingt „skandierend“. Dabei werden zwischen oder innerhalb von Silben überflüssige Pausen gebildet.

Teilweise kommt es auch zu stotterähnlichen Symptomen wie beispielsweise Wiederholungen von Anfangslauten.

Zusätzlich kommt es bei sprechapraktischem Sprechen zu Veränderungen der Akzentuierung, dabei werden z.B. eigentlich unbetonte Silben fälschlicherweise betont.

Die Auffälligkeiten im Sprechverhalten sprechapraktischer Personen bestehen unter anderem sehr häufig in typischen Suchbewegungen der Artikulationsorgane (Zunge, Lippen, Kiefer und sogar Kehlkopf). Dies kann geräuschlos geschehen, selten entstehen dabei hörbare Suchbewegungen.

Ein ebenfalls sehr auffälliges Symptom ist die für Sprechapraxie typische Sprechanstrengung. Diese erkennt man an mimischen Mitbewegungen oder einer Anspannung der Hals- und / oder Gesichtsmuskulatur. Zudem klingt die Stimme häufig gepresst oder die Tonhöhe des Sprechenden ist erhöht.

PatientInnen sind oft frustriert oder unzufrieden und unternehmen Selbstkorrekturversuche, welche nicht immer zielführend sind.

Sprechapraxien können in sehr leichter Ausprägung vorkommen, aber auch in sehr schwerer Form. Die schwerste Form wird apraktischer Mutismus genannt. Dabei gelingt es den Betroffenen nicht, willkürliche Sprachäußerungen zu produzieren. Ein apraktischer Mutismus tritt meistens direkt nach dem hirnschädigenden Ereignis auf. Schwer betroffenen Personen mit schlechter Rückbildung gelingt es nur sehr mühsam einzelne Laute, Worte oder kurze Phrasen zu äußern.

Therapie

In der Therapie wird ein Ziel formuliert, welches darauf abzielt den PatientInnen die größtmögliche Teilhabe am Leben zu ermöglichen, indem ihre Kommunikationsfähigkeit verbessert wird. Die Zielsetzung ist je nach PatientIn und Schweregrad der Störung sehr individuell.

Prinzipiell wird in der Therapie der Sprechapraxie von „einfach zu komplex“ vorgegangen (zum Beispiel mit artikulatorisch einfacheren Lauten begonnen). Auch eine hohe Therapiefrequenz und eine sehr hohe Wiederholungsanzahl der Übungen innerhalb der Therapie sind typisch.

Verschiedene Ansätze können in der Therapie zum Einsatz kommen. Es gibt beispielsweise rhythmisch-melodische Ansätze wie die melodische Intonationstherapie (MIT) oder auch segmentbasierte Ansätze, wie die phonetische Ableitung oder das Acht-Schritte-Kontinuum. Dies sind nur wenige Beispiele – der / die TherapeutIn wählt patientInnenspezifisch die geeignete Therapieform aus.

Unser Tipp:

Sollten Sie oder einer Ihrer Angehörigen die beschriebenen Symptome haben, erklären Sie diese Ihrem Arzt und bitten ihn um eine Überweisung zur Logopädie. Haben Sie Geduld mit Ihren Angehörigen, wenn Sie nicht gleich verstehen können, was diese Ihnen mitteilen wollen.